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Auf unseren Stärken aufbauen: die Rolle des öffentlichen und privaten Sektors im Ökosystem eines digitalen Euro
Einleitende Bemerkungen von Fabio Panetta, Mitglied des EZB-Direktoriums, vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments
Brüssel, 29. September 2022
Schon bald beginnt das zweite Jahr der Untersuchungsphase des Projekts zum digitalen Euro und ich freue mich sehr, an unserem vierteljährlichen Austausch hierzu teilzunehmen.
Im vergangenen Jahr haben wir bereits verschiedene zentrale Aspekte besprochen. Im März legten wir den Schwerpunkt auf den Schutz der Privatsphäre, die Anwendungsfälle für einen digitalen Euro und mögliche Offline-Funktionen.[1] Und im Juni befassten wir uns damit, wie ein digitaler Euro gestaltet werden könnte, damit er sich nicht nachteilig auf die Finanzstabilität auswirkt.[2]
Der Austausch mit Ihnen und anderen Interessenträgern hat uns wertvolle Erkenntnisse geliefert. Im Anschluss hat der EZB-Rat nun eine erste Reihe von grundlegenden Gestaltungsoptionen[3] zu diesen Punkten beschlossen.
Wir werden insbesondere Optionen prüfen, die es dem digitalen Euro ermöglichen könnten, einige bargeldähnliche Merkmale zu replizieren und bei Transaktionen mit niedrigen Beträgen ein höheres Maß an Privatsphäre zu bieten.[4] Außerdem würden in das Design eines digitalen Euro Instrumente[5] eingebettet werden, die mithilfe von Obergrenzen und gestaffelter Verzinsung die übermäßige Verwendung eines digitalen Euro als Anlageform verhindern sollen.[6]
Wir können uns nun der Analyse weiterer Gestaltungsoptionen zuwenden. Nächstes Jahr, wenn alle Entscheidungen zu den Gestaltungsmerkmalen getroffen sind, werden wir das Gesamtdesign eines potenziellen digitalen Euro prüfen.
Ich möchte nachdrücklich betonen, dass die Billigung der ersten Reihe von Gestaltungsoptionen durch den EZB-Rat keinen Einfluss darauf hat, ob wir zur Realisierungsphase übergehen oder nicht. Diese Entscheidung dürfte im Oktober nächsten Jahres getroffen werden. Sie hat auch keinen Einfluss darauf, ob wir uns letztlich für oder gegen die Ausgabe eines digitalen Euro entscheiden.
Während der gesamten restlichen Untersuchungsphase werde ich weiterhin regelmäßig an den Anhörungen dieses Ausschusses teilnehmen. Parallel dazu werden Sie Diskussionen im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens über eine Verordnung zur Einführung des digitalen Euro führen, die die Europäische Kommission im ersten Quartal 2023 vorzuschlagen beabsichtigt.[7]
Heute möchte ich mit Ihnen zwei Themen erörtern. Erstens, welche Rolle spielen das Eurosystem und private Marktteilnehmer im Ökosystem eines digitalen Euro? Und zweitens, wie stellen wir uns den Vertrieb des digitalen Euro an seine Nutzerinnen und Nutzer vor?
Nutzung von Synergien für den gesamten Zahlungsprozess
Die gemeinsamen Anstrengungen des öffentlichen und privaten Sektors waren entscheidend für den Aufbau des europäischen Zahlungssystems, das wir heute haben und das weltweit zu den effizientesten Zahlungssystemen zählt.[8] Wir müssen uns nun erneut auf diese Zusammenarbeit stützen, um das Ökosystem eines digitalen Euro aufzubauen. Dadurch wird sichergestellt, dass Zentralbankgeld in digitaler Form verfügbar gemacht wird und dass innovative europaweite Lösungen für den Massenzahlungsverkehr entstehen können.
Das Eurosystem hat umfassende Erfahrung damit, bargeldähnliche risikofreie Vermögenswerte und die zugrunde liegende Zahlungsverkehrsinfrastruktur bereitzustellen. Und der private Sektor verfügt über einen reichen Erfahrungsschatz im Hinblick auf den Vertrieb von Zahlungsprodukten und die Interaktion mit Endnutzern. Wir müssen uns diese Stärken zunutze machen, um Synergien zu generieren und den Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer in einer sich rasch wandelnden Zahlungsverkehrslandschaft gerecht zu werden.
Die Rolle des Eurosystems
Wie im Fall von Banknoten würde auch der digitale Euro eine direkte Verbindlichkeit der Zentralbank darstellen, die in der Bilanz des Eurosystems erfasst werden würde. Und das Eurosystem wäre für alle Fehler bei der Abwicklung von Zahlungen mit dem digitalen Euro haftbar.[9] Daher ist es äußerst wichtig, dass die Ausgabe und die Abwicklung des digitalen Euro der vollen Kontrolle des Eurosystems unterliegen. Das lässt sich am besten erreichen, wenn das Eurosystem die Abwicklungsaktivitäten für die Intermediäre übernimmt, die den digitalen Euro an die Endnutzer weitergeben.
Dies steht voll und ganz im Einklang mit dem Ziel, die Privatsphäre der Endnutzer zu schützen. Wir können den digitalen Euro so gestalten, dass das Eurosystem nur die Daten zur Abwicklung von Transaktionen verarbeitet, ohne dass die Möglichkeit besteht, nachzuverfolgen, ob eine bestimmte Nutzerin oder ein bestimmter Nutzer Zahlungen gesendet oder empfangen hat. Eine strikte Datentrennung zwischen Intermediären und dem Eurosystem sowie Techniken zur Verbesserung des Datenschutzes würden sicherstellen, dass das Eurosystem sichtbare Daten nicht mit der Identität einer Nutzerin oder eines Nutzers des digitalen Euro verknüpfen kann.[10]
Auch wenn das Eurosystem die Abwicklungsaktivitäten durchführt, bedeutet das nicht, dass wir die Konten der Nutzerinnen und Nutzer verwalten würden. Die Konten für den digitalen Euro und die damit verbundenen Zahlungsoperationen würden von privaten Intermediären angeboten und betrieben werden, so wie dies derzeit auch für Bankkonten und andere Kundendienstleistungen üblich ist.
Das Eurosystem könnte sich für Abwicklungsaktivitäten auf traditionelle Technologien oder die Distributed-Ledger-Technologie stützen. Wir haben noch nicht entschieden, welche Technologie am besten für einen digitalen Euro geeignet ist. Bei dieser Entscheidung werden wir Effizienz, Sicherheit und die Einbindung in kundennahe Dienstleistungen sowie Umweltauswirkungen berücksichtigen.
Rolle der Intermediäre
Seit dem vergangenen Jahr untersuchen wir, wie wir einen digitalen Euro gestalten können, damit er den Erwartungen der Menschen in Europa gerecht wird. Bei unserer Untersuchung haben wir detaillierte Analysen von Zahlungsgewohnheiten, Erkenntnisse aus den Fokusgruppen und das Feedback von Ihnen und wichtigen Interessenträgern berücksichtigt.
Die Intermediäre, die für den Vertrieb des digitalen Euro zuständig wären, verfügen über fundiertes Wissen und einzigartige Einblicke in die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer. Daher sind sie am besten dazu in der Lage, als direkte Gegenparteien für Einzelpersonen, Händler und Unternehmen zu fungieren, die den digitalen Euro nutzen würden. Diese Intermediäre wären für die Eröffnung von Konten und E-Wallets zuständig. Sie würden die „Know-your-Customer“-Verfahren zur Kundenidentifizierung anwenden und Anti-Geldwäsche-Prüfungen durchführen. Sie würden die Geräte oder Technologien zur Verfügung stellen, die für Zahlungen in Ladengeschäften, online oder zwischen Privatpersonen erforderlich sind.[11] Es könnte beispielsweise eine App für Direktzahlungen zwischen zwei Privatpersonen und eine Online-Schnittstelle beim Online-Shopping verwendet werden. Wir führen gerade Untersuchungen zu diesen Geräten und Technologien – den sogenannten Formfaktoren – durch.
Wir werden Prototypen entwickeln, um verschiedene Benutzerschnittstellenlösungen für Zahlungen mit dem digitalen Euro zu prüfen. Damit wollen wir Erkenntnisse gewinnen, die in unsere Gestaltungsanalyse in den nachfolgenden Phasen des Projekts zum digitalen Euro einfließen werden. Wir werden unsere Ergebnisse voraussichtlich im ersten Quartal des kommenden Jahres veröffentlichen.[12]
Intermediäre wären auch beteiligt, wenn Nutzerinnen und Nutzer ihre Guthaben an digitalen Euro aufstocken oder reduzieren.[13] Nutzerinnen und Nutzer könnten Bargeld auf ihre Konten für digitale Euro oder E-Wallets übertragen oder sie könnten Geschäftsbankgeld (d. h. Bankeinlagen) in digitale Euro umtauschen. Umgekehrt könnten sie digitale Euro in Bargeld umtauschen oder Geld von ihren Konten für digitale Euro auf ihr Bankkonto übertragen.
Schließlich werden Intermediäre für Transaktionsmanagementaufgaben in ähnlicher Weise wie für bestehende Zahlungssysteme verantwortlich sein. Das bedeutet, dass sie für die Einleitung von Transaktionen in digitalen Euro sowie für die Kundenauthentifizierung und die Transaktionsvalidierung verantwortlich sein werden.
Einführung eines „Scheme für den digitalen Euro“, damit er für alle verfügbar ist
Lassen Sie mich nun darauf zurückkommen, wie wir der Öffentlichkeit den digitalen Euro am besten zur Verfügung stellen können.
Wir wollen sicherstellen, dass jeder im Euroraum in digitalen Euro bezahlen und bezahlt werden kann. Dies sollte der Fall sein, unabhängig von der Einrichtung, bei der Verbraucherinnen oder Verbraucher ihr Konto für digitale Euro oder ihr E-Wallet eröffnen, und unabhängig von dem Land, aus dem sie kommen. Wir wollen den digitalen Euro auch Privatpersonen zur Verfügung stellen, die derzeit keinen oder nur begrenzten Zugang zu digitalen Zahlungen haben. Dies würde eine stärkere finanzielle Inklusion bewirken. Außerdem sollte ein digitaler Euro Innovationen auf dem Zahlungsverkehrsmarkt fördern und Intermediäre in die Lage versetzen, neue Lösungen zu entwickeln, anstatt sie auszubremsen oder aus dem Markt zu verdrängen.
Wir haben verschiedene Vertriebsmodelle gründlich untersucht und anhand der wichtigsten Ziele des Projekts zum digitalen Euro bewertet. Wir haben zudem untersucht, was in der Vergangenheit im Hinblick auf die Entwicklung von Zahlungslösungen für den gesamten Euroraum gut funktioniert hat – wie das Projekt zum einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (Single Euro Payments Area – SEPA). SEPA ermöglicht es europäischen Verbraucherinnen und Verbrauchern, Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen, Zahlungen unter denselben Bedingungen zu tätigen und zu erhalten.[14]
Unserer Auffassung nach können wir unsere Ziele am besten mit einem „Scheme für den digitalen Euro“ erreichen, mit einheitlichen Regeln, Verfahren und Standards.[15]
Ein „Scheme für den digitalen Euro“ würde einen gemeinsamen Rahmen für die Intermediäre des Euroraums bieten, um Produkte und Dienstleistungen auf der Grundlage eines digitalen Euro zu entwickeln. Darin wären eine Reihe gemeinsamer operativer Regeln und technischer Standards festgelegt, die Intermediäre befolgen müssten, um den Endnutzern Lösungen für einen digitalen Euro anzubieten.[16] Dies würde außerdem dazu beitragen, eine bestimmte Marke einzuführen. Falls der digitale Euro eingeführt wird, wüssten die Menschen und Unternehmen dann, dass sie damit bezahlen können.
Mit dieser erkennbaren Marke würde ein System für den digitalen Euro seine Rolle als monetären Anker neben Bargeld stärken. Aufgrund der Vorteile in Bezug auf Standardisierung und Interoperabilität würde das System auch unsere strategische Autonomie und wirtschaftliche Effizienz fördern.[17]
Ein System für den digitalen Euro würde den unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Marktteilnehmer – Einzelpersonen, Händler, Unternehmen und Intermediäre – gerecht werden.
Für Einzelpersonen würde das bedeuten, dass sie Zahlungen immer auf die gleiche Weise durchführen würden, unabhängig davon, wo im Euroraum sie sich gerade aufhalten. Sie könnten den digitalen Euro in verschiedenen Situationen nutzen, im Restaurant, beim Online-Einkauf oder wenn sie Geld an einen Freund überweisen.
Für Händler und Unternehmen ist es wichtig, die Anforderungen der Kunden zu erfüllen.[18] Ein System für den digitalen Euro würde einen einheitlichen Standard schaffen, wodurch man besser auf die Präferenzen der Kunden für eine einfache Zahlungslösung reagieren könnte. Außerdem würden sich durch eine Standardisierung die Anpassungskosten verringern und die Integration in die Back-End-Systeme der Händler wäre leichter.
Und den Intermediären würde es das System ermöglichen, ihren Kunden den digitalen Euro zukommen zu lassen und darauf aufzubauen, um weitere innovative Lösungen für ihre Kunden zu entwickeln. Das System würde die Standardisierung und Harmonisierung bieten, die für die Förderung von Marktinnovationen im gesamten Euroraum erforderlich sind.
In diesem Zusammenhang werden wir bald damit beginnen, ein Regelwerk für das „Scheme für den digitalen Euro“ auszuarbeiten. Die frühzeitige Einführung eines Regelwerks ist wichtig, damit der Markt Lösungen für den digitalen Euro entwickeln kann und bereit ist, falls und wenn ein digitaler Euro eingeführt wird. Wir werden mit den verschiedenen Interessenträgern – Intermediären, Verbrauchern sowie Einzelhändlern – zusammenarbeiten, damit sie ihre Ansichten und ihr Fachwissen während der Entwicklung des „Schemes für den digitalen Euro“ einbringen können.
Schlussfolgerungen
Lassen Sie mich nun zum Schluss kommen.
Ein gut ausgestalteter digitaler Euro würde Vorteile für alle bringen. Er würde eine Zahlungslösung für jeden bieten, der eine Zahlung tätigen oder erhalten will. Er würde gewährleisten, dass allen eine standardisierte Infrastruktur zur Verfügung steht. Zudem wäre er eine solide Grundlage für Intermediäre, um Zahlungsdienste im gesamten Euroraum anzubieten und auf diese Weise Wettbewerb und Innovation zu fördern.
Die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor ist für die Verwirklichung des digitalen Euro entscheidend. Das Eurosystem und die beteiligten Intermediäre werden dabei eine Schlüsselrolle übernehmen und dafür auf ihr jeweiliges Fachwissen zurückgreifen.
Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist eine Preisgestaltungsstrategie erforderlich, die angemessene wirtschaftliche Anreize für die Förderung der Einführung des digitalen Euro bietet. Derzeit analysieren wir gerade ein mögliches Kompensationsmodell für den digitalen Euro. Das ist ein Thema, das auch für die Europäische Kommission relevant ist. Ich bin bereit, mit Ihnen in den kommenden Monaten darüber und über weitere wichtige Aspekte des digitalen Euro, die wir derzeit untersuchen, zu diskutieren.
Ich stehe Ihnen nun gerne für Fragen zur Verfügung.
F. Panetta, Ein digitaler Euro, der die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt – das richtige Gleichgewicht finden, Einleitende Bemerkungen vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des europäischen Parlaments, Brüssel, 30. März 2022.
F. Panetta, Der digitale Euro und die Entwicklung des Finanzsystems, Einleitende Bemerkungen vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des europäischen Parlaments, Brüssel, 15. Juni 2022.
EZB, Progress on the investigation phase of a digital euro, September 2022. Das Eurosystem legt zunächst die Standpunkte seiner Fachleute hinsichtlich der wichtigen Gestaltungsfragen und policy-relevanten Aspekte eines digitalen Euro fest. Diese Standpunkte werden dann mit externen Interessenträgern erörtert, und im Anschluss gelangt die Taskforce des Eurosystems zu ihrer abschließenden Bewertung. Der EZB-Rat billigt danach die Gestaltungsoptionen. Weitere Informationen zur Projekt-Governance und zu wichtigen Meilensteinen sowie zum Zeitplan des Projekts sind auch auf der Website der EZB abrufbar.
Das Basisszenario für andere Transaktionen besteht darin, dass den Menschen ein Maß an Privatsphäre gewährleistet wird, das dem aktueller privater Lösungen für digitale Zahlungen gleichkommt.
Quantitative Obergrenzen für individuelle Guthaben der Nutzerinnen und Nutzer würden den Umtausch von Bankeinlagen in digitale Euro einschränken und verlangsamen. Instrumente, die die Verzinsung nutzen, könnten so kalibriert werden, dass die Verzinsung großer Guthaben in digitalen Euro oberhalb eines gewissen Schwellenwerts im Vergleich zu anderen hochliquiden und risikoarmen Vermögenswerten unattraktiv wird.
Was die Gestaltung des Transfermechanismus zur Validierung von Transaktionen betrifft, so wird das Eurosystem weiter an einer Lösung für den digitalen Euro arbeiten, bei der Transaktionen online durchgeführt und durch Dritte validiert werden würden und bei der Offline-Zahlungen durch eine Peer-to-Peer-Lösung validiert werden würden.
Im ersten Quartal 2023 dürfte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung veröffentlichen, mit der zentrale Aspekte des digitalen Euro als neue Form von Zentralbankgeld festgelegt und geregelt werden.
Der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum (Single Euro Payments Area – SEPA) ist beispielsweise ein Erfolgsmodell für eine gelungene Partnerschaft zwischen öffentlichen Einrichtungen und privaten Intermediären. Siehe F. Panetta, Bringing European payments to the next stage: a public-private endeavour, Rede bei der Konferenz des European Payments Council zum 20. Jahrestag, Frankfurt am Main, 16. Juni 2022.
Abwicklung kann definiert werden als die Ausführung einer Zahlungstransaktion, mit dem Ziel die Zahlungsverpflichtung des Endnutzers durch die Übertragung von Mitteln zu erfüllen. Zwei technische Aufgaben sind die Voraussetzung für die Abwicklung von Transaktionen: a) die Validierung der Abwicklung, d. h. zu prüfen, ob dem Zahlungspflichtigen der Geldbetrag zur Verfügung steht/seine Integrität, um zu beurteilen, ob dieser Geldbetrag vom Zahlungspflichtigen an den Zahlungsempfänger übertragen werden kann; und b) die Erfassung der Abwicklung, d. h. die Buchführung zu diesen Geldbeträgen in Bezug auf die tatsächliche Übertragung von Mitteln vom Zahlungspflichtigen an den Zahlungsempfänger und eine Momentaufnahme der sich im Umlauf befindlichen digitalen Euro.
Der Schutz der Privatsphäre macht es erforderlich, dass die Erfassung von Guthaben/Geldübertragungen von spezifischen Zahlungen/Nutzern entkoppelt ist. Für weitere Informationen zu den grundsätzlichen Optionen für den Schutz der Privatsphäre siehe F. Panetta, Ein digitaler Euro, der die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt – das richtige Gleichgewicht finden, Einleitende Bemerkungen vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des europäischen Parlaments, 30. März 2022; und Präsentation vor der Euro-Gruppe, Digital euro – Privacy options, 4. April 2022.
Für weitere Informationen zu den Anwendungsfällen siehe F. Panetta, Ein digitaler Euro, der die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt – das richtige Gleichgewicht finden, Einleitende Bemerkungen vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des europäischen Parlaments, Brüssel, 30. März 2022.
Eine der geplanten Tätigkeiten während der Untersuchungsphase ist eine Prototyp-Übung, die bis zum Ende des ersten Quartals 2023 abgeschlossen sein soll. Mit dieser Übung wollen wir die Kompatibilität mit bestehenden Systemen prüfen. Es ist nicht geplant, diese Prototypen in den nachfolgenden Phasen des Projekts zum digitalen Euro weiterhin zu verwenden. Wir haben eine öffentliche Aufforderung zur Interessenbekundung für die Teilnahme an der Prototyp-Übung durchgeführt. Alle interessierten Parteien mussten mehrere wesentliche Fähigkeiten erfüllen, die in der Aufforderung beschrieben wurden, z. B. Datenschutz/Wahrung der Privatsphäre. Wir bewerteten, welche Anbieter die für die spezifischen Anwendungsfälle erforderlichen spezifischen Fähigkeiten am besten erfüllten. Siehe EZB, ECB selects external companies for joint prototyping of user interfaces for a digital euro, MIP News, 16. September 2022.
Nutzerinnen und Nutzer haben die Wahl, ob der Umtausch von Geschäftsbankgeld oder Bargeld in digitale Euro und umgekehrt manuell oder automatisch erfolgen soll. Im Hinblick auf die automatische Option untersuchen wir gerade eine Wasserfall-Funktionalität, die es den Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen würde, über die Guthabenobergrenze hinausgehende Zahlungen in digitalen Euro zu tätigen oder zu erhalten, indem ein Konto für digitale Euro an ein Bankkonto bei einer Geschäftsbank gekoppelt wird. Bei Erhalt einer Zahlung würde dies eine automatische Umwandlung von Retail-CBDC oberhalb des Schwellenwerts in Guthaben auf einem Bankkonto bei einer vom Endnutzer gewählten Geschäftsbank ermöglichen. In ähnlicher Weise würde ein umgekehrter Wasserfall sicherstellen, dass Endnutzer eine Zahlung tätigen können, auch wenn der Betrag ihr aktuelles Guthaben in digitalen Euro übersteigt. Zusätzliche Liquidität würde vom verknüpften Geschäftsbankkonto abgezogen werden und die Transaktion würde in voller Höhe in digitalen Euro abgeschlossen werden.
Im SEPA Migration Impact Assessment des Eurosystems wurde festgehalten, dass vor dem Hintergrund der zunehmenden technischen Komplexität der Zahlungsdienste in Europa eine der Lehren aus dem SEPA-Projekt und der Umsetzung der überarbeiteten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) darin besteht, dass die technische Standardisierung und Entwicklung des Systems idealerweise abgeschlossen sein sollte, bevor Rechtsvorschriften zu seiner Anwendung eingeführt werden.
Das Eurosystem könnte beispielsweise nur für die Ausgabe des digitalen Geldes verantwortlich sein, ohne die Abwicklungsinfrastruktur bereitzustellen oder in den Vertrieb einzugreifen – das „Ausgabe-Modell“. Alternativ könnte das Eurosystem nur die Abwicklungsinfrastruktur bereitstellen und Zugangsregeln festlegen – das „Modell des offenen Zugangs“. Jede Einrichtung, die diese Regeln erfüllt, könnte die Infrastruktur dann auf ihre eigene Weise nutzen. Diese beiden Modelle geben dem Markt zwar Raum für Innovationen, erzielen jedoch möglicherweise keinen weitreichenden Vertrieb an die Endnutzer oder keine ausreichende Interoperabilität. Dadurch wäre die Erfahrung der Endnutzer und die finanzielle Inklusion beeinträchtigt. Ein alternatives Vertriebsmodell, bei dem das Eurosystem das vollständige Zahlungsprodukt in einer End-to-End-Lösung bereitstellen würde, wäre ebenfalls denkbar. Dieses Modell könnte zwar eine homogene Erfahrung der Endnutzer und einen weitreichenden Vertrieb gewährleisten, würde jedoch die Rolle der Intermediäre schmälern und könnte Herausforderungen mit sich bringen, wenn es darum geht, den Anforderungen der Endnutzer Rechnung zu tragen und mit der Innovation Schritt zu halten.
Ein „Scheme für den digitalen Euro“ würde die Grundlage für die Entwicklung verschiedener Endnutzerlösungen für die Nutzung des digitalen Euro schaffen und die Interoperabilität zwischen den verschiedenen Endnutzerlösungen erleichtern. Neben der Festlegung grundlegender operativer Regeln könnte das Scheme auch weitere optionale Dienstleistungen anerkennen, wodurch es den Teilnehmern ermöglicht werden würde, ergänzende Dienstleistungen zur Erfüllung spezifischer Kundenanforderungen anzubieten. Das Eurosystem müsste im Einklang mit den EU-Rechtsvorschriften folgende strategische Entscheidungen treffen: Wem würde das Scheme gehören? Wer würde die verschiedenen Elemente des Scheme verwalten? Welche technischen Elemente wären von den Regeln des Scheme abgedeckt und welche Art von Unternehmen wäre in der Lage, an dem Scheme teilzunehmen? Das Eurosystem könnte auch eine Marke für den digitalen Euro definieren, die für Endnutzer erkennbar wäre, und bestimmte kommerzielle Regeln für die Erbringung von Dienstleistungen in digitalen Euro festlegen.
EZB, Argumente für einen digitalen Euro: Hauptziele und Gestaltungsaspekte, Juli 2022.
Siehe Kantar Public, Study on New Digital Payment Methods, März 2022.
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